Klar war, dass es eine Hommage an meine Familie werden sollte. Klar war, dass es groß werden musste, am besten über den ganzen Rücken. Und klar war, dass es sowohl eindeutig als auch symbolisch verschlüsselt sein sollte.

Zu Beginn stand für meine Motivwahl ein Baum, ein Kirschbaum um genau zu sein. Dies hatte zweierlei Bedeutsamkeit. Zum einen war ein Kirschbaum das Geschenk meiner Eltern zu meinem siebten Geburtstag und zum anderen blühen Kirschen nur ein einziges mal im Jahr, bedeutet für mich, ONE life, ONE chance und steht somit auch gleichzeitig für meine Straight-Edge Lebensphilosophie. Also eine verschlüsselte Symbolik. Offenkundig und klar erkennbar sollten die Namen meiner Familienmitgliedern und der meines Mannes sein, aber wohin? Vielleicht in die Rinde des Baumes?

Ich beschloss einfach mich mit dem Tattoo-Künstler zu treffen und ihm meine Ideen zu unterbreiten, bestimmt hätte er einen passenden Vorschlag wo die Namen platziert werden könnten.

Und so war es auch.

Ich besorgte mir Inspiration aus dem Internet und zog mit diversen Ausdrucken von Kirschblüten und Kirschbäumen los zum Beratungsgespräch. Meine Idee fand aufgrund ihrer Individualität auch Anklang beim Künstler selbst. An diesem Punkt zeigte sich dann sehr deutlich wie wichtig ein gutes Beratungsgespräch und der Austausch mit dem Tätowierer selbst ist! Alex klärte mich beispielsweise über einen buddhistischen Brauch auf, bei dem Spruchbänder beschriftet in Bäume gebunden werden, damit der Wind die Wünsche und Träume mitnimmt und sie trägt.

Perfekt für die Namen meiner Liebsten!

Für meine vier verstorbenen Großeltern fanden wir auch einen Platz in Form von vier Vögeln die auf dem Baum sitzen - Blaumeisen um genau zu sein, da ich diese in meiner Kindheit und Jugend oft mit meinem Großvater zusammen beobachtet habe. Hört sich bisher an wie ein Stammbaum, im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde durch das einplanen von leeren Spruchbändern (für spätere Kinder oder ähnliches) ein Lebensbaum daraus.
MEIN LEBENSBAUM, der wie das Leben selbst noch einiges offen lässt.

Nach nur fünf Tagen konnte ich mir den Entwurf ansehen.

Ich war hin und weg! Es war sofort klar: Genau so soll es aussehen!

Wir vereinbarten zunächst drei Sitzungen a zwei Stunden. Schon nach der ersten Sitzung konnte ich voller Stolz die kompletten Outlines mit nach Hause tragen. Der Schmerz beim tätowieren war für mich absolut erträglich und im Hinblick auf das Endergebnis sowieso nebensächlich. Als absolutes MUSS folgte nach der ersten Sitzung der Beginn einer sorgfältigen Pflege, bei der mir mein Mann tatkräftig zur Seite stand.

Der zweite Termin dauerte ebenfalls zwei Stunden und erweckte den Baum zum Leben. Auch hier wieder unabdingbar eine gewissenhafte Pflege, auch wenns schmerzt!

In der dritten und vorerst letzten Sitzung schaffte es Alex auch den Blüten und Vögeln durch Schattierung und Farbe eigenes Leben einzuhauchen. Unglaublich wie echt alles aussieht!

Das Endergebnis (ich liebe es!)

war noch nicht komplett abgeheilt, da war mir klar, es muss noch weitergehen!

Ich wollte eine Blume, die mich selbst symbolisiert und Wasser, das den Fluss des Lebens versinnbildlicht. Wie das arrangiert werden sollte überließ ich ab diesem Zeitpunkt ganz allein Alex. Er hat den Baum geschaffen, mein vollstes Vertrauen erlangt und sollte nun dieses fabelhafte Kunstwerk zu Ende gestalten. Mir war klar, dass es einzigartig werden würde.

Nur wenige Stunden nachdem ich mit Alex über die Erweiterung und Vollendung gesprochen hatte, hatte dieser doch tatsächlich schon einen Entwurf vorliegen, der mich schier umgehauen hat. Ein Teich, Schilf, eine Libelle, eine Seerose und ein Frosch vollendeten den Fluss meines Rückens. Schnell mussten die nächsten Termine her. Ich konnte es kaum erwarten.

Mein Lebensbaum erfüllt mich mit großem Stolz.
Es ist ein Kunstwerk, welches für sich spricht.
Es zeigt, wo ich herkomme, was mich ausmacht und lässt Platz für Wege, die ich noch gehen werde.

Bei seinem Anblick empfinde ich tiefe Freude.

Von der Zeichnung bis zum Tattoo ein Abenteuer mit einem Kapitän, der sein Handwerk versteht!